Harald Müller

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,

Sie haben sich für die Aufarbeitung der Corona-Pandemie durch Bürgerräte ausgesprochen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre zu lernen und unsere Gesellschaft für zukünftige Krisen zu rüsten. Doch neben der allgemeinen Aufarbeitung ist es unerlässlich, auch die spezifischen Herausforderungen und Belastungen einzelner Branchen zu betrachten, die durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie besonders hart getroffen wurden.

Schwer getroffen wurde das Friseurhandwerk. Über einen Zeitraum von drei Jahren konnte diese Branche aufgrund der Auflagen nur eingeschränkt arbeiten. Die Maßnahmen wurden von den Betrieben auch deswegen mitgetragen, weil darauf vertraut wurde, dass der Staat die betroffenen Betriebe finanziell unterstützen würde. Rückblickend muss jedoch festgestellt werden, dass insbesondere die Corona-Soforthilfe aus dem Frühjahr 2020 dem Friseurhandwerk als Branche nicht zugute kam. Friseure waren über sechs Wochen durch staatliche Anordnung komplett geschlossen. In den meisten Bundesländern wurde oder wird die Soforthilfe von den Friseurunternehmen komplett zurückgefordert.

Die Ursache für diese Rückforderungen liegt in einer falschen Berechnung des für die Förderung maßgeblichen Liquiditätsengpasses. Die Personalkosten als der größte Kostenblock der Friseurbranche wurden nicht berücksichtigt. Selbst die Personalkosten für Minijobber und Auszubildende durften nicht angesetzt werden, obwohl für diese Personengruppen eine Kurzarbeit unmöglich war. Zudem wurden für die Zeit nach der Wiedereröffnung der Salons Anfang Mai 2020 die Umsätze in voller Höhe angesetzt, während die erforderlichen Ausgaben für das Personal nicht in Ansatz gebracht werden durften.

Diese Ungerechtigkeit lässt die Branche nicht zur Ruhe kommen. Das Friseurhandwerk wurde nachhaltig durch die Maßnahmen der Pandemie geschädigt. Rücklagen wurden aufgebraucht und neue konnten nicht gebildet werden, weil die Branche erst jetzt allmählich das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreicht. Eine Kompensation dafür ist bislang nicht erfolgt. Es wurde der Tatsache nicht Rechnung getragen, dass es in der Pandemie Gewinner und Verlierer gab. Das bayerische Friseurhandwerk fordert daher eine Aufarbeitung und einen Lastenausgleich.

Wir bitten Sie, sich für eine detaillierte Aufarbeitung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Friseurhandwerk einzusetzen und Maßnahmen zu ergreifen, um die entstandenen Schäden zu kompensieren. Nur so kann sichergestellt werden, dass die betroffenen Betriebe die notwendige Unterstützung erhalten, um sich vollständig zu erholen und ihren wichtigen Beitrag zur Gesellschaft fortzuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Landesinnungsverband Friseure & Kosmetiker Bayern
Christian Kaiser, Landesinnungsmeister
Doris Ortlieb, Geschäftsführerin

Den offenen Brief können Sie hier herunterladen. Geben Sie ihn gerne an Ihre regionalen Landtags- und Bundestagsabgeordneten weiter.